Freitag, 2. Mai 2014

Bunt statt braun - #BlockaDO 1. Mai 2014

Bunt statt braun - #BlockaDO 1. Mai 2014 Nazis sind doof. Das wissen alle. Nur die Nazis selber nicht!
Sandra: Ich war heute auf meiner ersten Nazi-Gegendemo. Also, auf meiner ersten richtigen. Ich habe letztes Jahr in Münster gestanden, als der NPD Truck da war und auch in Gelsenkirchen. Aber diese 8 NPD'ler kann man nicht mit über 400 Nazis vergleichen. Und ich war bei "Kein Meter den Nazis" in Münster. Da aber eher Beobachterin, weil ich meinen Ex-Freund begleitet hat, der ein kleines Video dazu gedreht hat. Ich habe ja immer ein bisschen Angst, wenn ich auf Hundertschaften treffe(n muss). Man sieht ja immer Bilder. Weil irgendwie niemand aus Münster nach Dortmund gefahren ist, habe ich mich Daniel Düngel, Torsten Sommer, Olaf Wegner und David Grade angeschlossen. Menschen, die ich kenne. Es ist wichtig, den Nazis Wiederstand zu zeigen. Diese Menschen haben hier und auch überall anders keinen Platz.
Daniel: 1. Mai, der Tag an dem traditionell die Gewerkschaften den Tag der Arbeit feiern. Seit Jahren aber auch traditionell der Tag an dem Faschisten auf die Straße gehen um ihre hirnrissigen Forderungen abzusondern. Für mich seit Wochen klar: ich werde bei den Gegendemonstrationen dabei sein. Ich entschied mich für Dortmund, weil Dortmund als Nazihochburg gilt und viele Faschisten zu erwarten waren. Nicht zuletzt aber auch, weil die Piratenpartei die Gegenveranstaltung und damit das Bündnis BlockaDO unterstützen. Warum die Unterstützung richtig und wichtig war, werde ich nochmal in einem separaten Blogpost verarbeiten.
Gegen 11:30 Uhr sind wir am Dortmunder Hauptbahnhof mit der S-Bahn Richtung Westerfilde gefahren. Überraschung. Durch die Blockade am Gleis hielt der Zug da nicht (Was uns klar war) aber wir hofften, dass wir eine Station davor oder danach hätten aussteigen können. Satz mit X war wohl nichts. Der Zug hielt in Mengede wo am Bahnhof vereinzelt Polizisten standen. Nach dem wir vergebens einen Bus auf dem Fahrplan gesucht haben, haben wir ein Taxi gesucht und haben vor der Polizeiwache zwei Nazis gesehen. Beobachter. Der Bahnhof in Westerfilde war großräumig abgesperrt. Die Polizei lässt niemanden in die Nähe des Bahnhofs.
Daniel: Ich zücke deutlich früher als geplant das erste mal meinen MdL-Ausweis. Schnell wird klar, als Abgeordneter kommt man natürlich durch. Mit ein wenig Überzeugungskraft gelingt es uns, dass auch Sandra als Begleitperson mitkommen kann. Hierbei werden unsere Personalien festgehalten, was uns in den nächsten Tagen dazu veranlassen wird, eine entsprechende Anfrage an die Dortmunder Einsatzleitung abzuschicken, was mit den Daten passiert. Unsere Erfahrungen aus Hamburg sind ja eher negativ :D Mir ist nach wie vor unklar, was ich davon zu halten habe. Die Polizei möchte uns nicht zu den Gegenmaßnahmen, die größtenteils angemeldet wurden, durchlassen. Die Blockade auf dem S-Bahnhof wurde als Versammlung angemeldet. Warum dürfen wir nicht offiziell an dieser Versammlung teilnehmen??
Als die erste Rutsche Nazis aus der U-Bahn geführt wurden und an uns vorbei, lief dort eine Frau von mitte zwanzig her und versteckte ihr Gesicht hinter ihren Haaren. Ich musste ein bisschen lachen. Wenn man als Nazi/Demonstrant auf eine Nazi-Demo/Demo geht, dann doch, weil man zu 100% dahinter steht? Weil man den Menschen zeigen will: Wir und ich wollen genau DAS. Wir standen lange an der Westerfilderstraße und haben überlegt was wir tun können. Wie wir die Demo aufhalten können. Wir wir das alles abbrechen lassen können. Als fast einzige Möglichkeit sahen wir den Tunnel. Auch wurde eine Blockade angesprochen. Wir waren in diesem Moment 5 Leute. Eine Blockade von 5 Menschen kann nicht viel bewirken. Wenn wir blockieren gäbe es 3 Möglichkeiten: 1. die Polizei würde uns ggf. einkesseln und die Nazis an uns vorbei schleusen. 2. die Polizei fordert uns auf zu gehen und geht dann bei nicht erfüllen der Aufforderung in den letzten Punkt über 3. lässt die Straße räumen und trägt uns weg. Die Nazi Kundgebung war beendet. Die Nazis formierten sich und gingen einige Meter. Daniel setzte sich auf den Boden und schnell folgten die anderen 4 Menschen. Die Aktion war nicht im Vorfeld geplant und relativ spontan am Telefon abgesprochen. Die Grüne Landtagsabgeordnete Daniela Schneckenburger kam gerade zufällig vorbei und wir sagten, sie solle sich doch zu uns setzten, was sie auch tat.David verteilte "Nazis stoppen" Postenkarten an uns und der Nazizug stoppte.
Schnell füllte sich die Straße mit Pressefotografen, viele Medien berichteten darüber, dass Landtagsabgeordnete sich den Nazis in den Weg stellten. Verärgert waren wir über die Berichterstattung der Ruhrbarone, die das ganze als PR-Gag wertete. Ein PR-Gag von Menschen, die teilweise schon am Vorabend auf der Straße aktiv waren, die seit 9 Uhr auf den Beinen waren, die teilweise an der Organisation der Gegendemo beteiligt waren? Nein, wir taten dies aus Überzeugung, so wie wir an beiden Tagen an unterschiedlichen Aktionen beteiligt waren. Die bisherige Berichterstattung hierzu nervt und am Ende bleibt für uns nur die Gewissheit, das Richtige getan zu haben - auch wenn man sicher hätte ein wenig länger sitzen bleiben sollen. Aber womöglich können wir tausend mal sagen, wie es war und ihr werdet immer noch der Presse glauben.



Neben den Pressemenschen erschien natürlich auch die Polizei. Wir meldeten eine spontane Kundgebung an dieser Stelle an, welche mit der Auflage versehen wurde, die Straße zu räumen. Nach längerer Diskussion und der mehrfachen Aufforderung die Straße zu räumen, taten wir dies schließlich. Uns war klar, dass wir zu wenige sind, um die Demo ernsthaft länger aufzuhalten. Die Presse war enttäuscht, da die MdL nicht weggetragen wurden und somit keine wertvollen Pressefotos entstanden sind. DAS wäre ein PR Gag gewesen!
Sandra: Ich setze mich dort mit einem mulmigen Gefühl hin. Mein erstes mal eine Blockade. Ich habe vorher schon lange überlegt, was ich tue und irgendwo sitze und wir dann aufgefordert werden zu gehen oder wir würden weggetragen werden. Ich hatte Angst. Aus der Angst entschied ich mich von vorne heraus einfach aufzustehen wenn es brenzlig wird. Als die Presse kam versuchte ich immer möglichst auf den Boden zu gucken. Aus Angst die Nazis würde dann irgendwas tun. Aber... wie wahrscheinlich ist das? Möglicherweise haben meine Hände arg gezittert. Und jetzt ärger ich mich, dass wir nicht länger dort geseßen haben.
Daniel: Die Rolle als parlamentarischer Beobachter ist spätestens an dieser Stelle beendet. Wir greifen aktiv in die Blockade der Nazis ein. Nun stellt sich die Frage: Darf ein MdL das überhaupt? Und wie geht man mit der Aufforderung seitens der Einsatzkräfte um? Letztlich waren wir wenige und die Erfolgsaussichten, bis auf ein paar doofe Pressebilder sind gering. Ich bin sicher: Mit ein paar Menschen mehr hätte das erfolgreich sein können. Man stelle sich 19 Piraten bei einer Sitzblockade vor, die den Demozug der Nazis aufhalten. Ich ärgere mich. Weil wir recht früh aufstanden. Weil wir nicht genug Aktivisten zu diesem Ort bekamen. Die Aktion war übrigens mit unseren Kontaktpersonen zu BlockaDO abgesprochen um für eine andere geplante Aktion Zeit zu gewinnen. Hat leider nicht geklappt. Sei's drum.
Wir liefen weiter der Demo vorweg. Irgenwo bei einem der ersten Polizeiwagen.
Wir überlegten weiter, was wir tun können. Ob man was machen kann. Wir kamen an dem Kessel vorbei. Hier würde es hitzig werden. Hier wäre die Möglichkeit noch eine Sitzblockade zu machen schlau gewesen, da durch den Kessel nur eine Straßenseite der zwei begehbar war. Wir waren zu fünft, ein Mensch sprach sich dagegen aus. Wir haben es sein gelassen Wir stellten uns neben den Kessel, so dass die Nazis direkt an uns vorbei zogen und nur die mitlaufenden Polizisten uns von dem braunen Pack trennte.
Sandra: Die Nazis liefen 30 Zentimeter vor der Nase vorbei, manchmal war keine Polizei zwischen uns un den Nazis. Möglicherweise beunruhigte mich das ein bisschen. Ich hielt meinen Mittfelfinger empor. Und schon schalten nach und nach Beleidigungen. Man wolle meinen Finger brechen, man würde uns finden, wir seien hässlich und jämmerlich und irgendwer sagte sogar was gegen meine Schuhe. Ich versuchte mir Angst und Panik nicht an merken zu lassen. Einschüchtern können die. Aber das Wissen, dass ich neben mir weitere Menschen hatte und das Wissen, dass diese Menschen so fürchterlich rechts sind liesen mich stark sein. Ich hielt Augenkontakt mit Nazis die mich direkt anstarrten und guckte ganz ganz böse.

Im Kessel befanden sich gut 60 Personen, die bereits über mehrere Stunden festgesetzt wurden. Daniel, Olaf und Dings haben versucht zwsichen eingekesselten und Polizei zu verhandeln. Ein langer Zeitraum. Deswegen konnten wir auch keine weiteren Aktionen planen.
Daniel: Wir fragten nach, wann der Kessel aufgelöst werde. In den Gesprächen mit dem Einsatzleiter der Polizei wurde klar, dass vier Personen eine Straftat vorgeworfen werde und deswegen der Kessel bislang nicht aufgelöst wurde. Diesen Personen wurde vorgeworfen, sich im Laufe der Aktion vermummt zu haben. Danebod und ich verhandelten nun, wie der weitere Ablauf sein könnte. Während dieser Verhandlung kommt es innerhalb des Kessels zu einem versuchten Zugriff seitens der Einsatzkräfte mit dem Ziel, die vier Personen zu isolieren. Dieser schlug fehl, da die eingekesselten Aktivisten solidarisch zusammenstanden und ohne Gewalt anzuwenden den Eingriff verhinderten. Ich muss gestehen, dass ich geschockt war, dass die Einsatzkräfte während unserer Verhandlung offenbar eigenständig vorgingen. Wir zogen uns darauf zurück, besprachen mit den Antifas die weitere Vorgehensweise. Im weiteren Verlauf ergab sich dann die Option, dass nur die Personalien der vier festgestellt werden sollten und alle anderen gehen konnten. Durch unsere Verhandlung erreichten wir, dass die vier Personen sich nicht in die Obhut der Polizei begeben mussten und aus wenigen Metern Abstand identifiziert werden konnten. Für das weitere Verfahren boten wir uns selbstverständlich als Zeugen an. Mal sehen, was da am Ende rauskommt.

Das Dortmunder U hat auf seinen LED's immer einen besoneren Spruch stehen, wenn Nazis mal wieder durch die Stadt marschieren.

Danke

Wir bedanken uns bei allen, die ein deutliches Zeichen gegen Rechts gesetzt haben,
bei den Aktivisten, die versucht haben, den Demozug friedlich zu stören,
bei all den Menschen die dort friedlich demonstriert haben,
bei allen Anwohnern, die die Gegendemonstranten mit Getränke, Nahrung und WC's versorgt haben,
bei all den Polizisten die deeskalierend im Einsatz waren

Wir bedanken uns nicht
bei den Nazis,
bei den Menschen, die mit Flaschen auf Pferde warfen,
bei den Menschen, die die Polizei unnötig provoziert haben

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